Felix: Erfolgreiche Rekordjagd in Jena
29. Mai 2018 Zurück zur Artikelübersicht »

Da soll ja mal was mit einer frustrierenden Saison 2017 gewesen sein. Richtig ist auch, dass es für unseren Mandanten Felix Streng, den in Coburg aufgewachsenen paralympischen Leichtathleten, ein verlorenes Jahr war. Die Gesundheit spielte dem 23-Jährigen, der verletzt und krank war, zu lange einen Streich. Am Ende musste der für den TSV Bayer Leverkusen startende Sprinter und Weitspringer sogar die Weltmeisterschaften in London absagen, für die er sich eine Menge vorgenommen hatte. Nun sieht es aber immer mehr danach aus, dass Felix stärker als zuvor zurückkommt. Schon die gute winterliche Frühform bei Hallenwettkämpfen hatte ihn optimistisch gestimmt. Seit einigen Wochen geht es nun wieder unter freiem Himmel rund. Und der Leverkusener knackt die Bestmarken momentan gleich reihenweise. Beim Sparkassen-Meeting in Jena übertraf er sich jetzt selbst, denn er stellte über 100 Meter einen Deutschen Rekord und beim Saison-Debüt über 200 Meter einen Europarekord auf. Klar: „Das hat richtig Spaß gemacht.“

Mit 10,91 Sekunden über 100 Meter war Felix in Köln in die Saison eingestiegen. Den Golden Grand Prix in Osaka (Japan) gewann er anschließend nach einer Hauruck-Reise mit insgesamt 40 Stunden Flug in 10,93 Sekunden vor 200-Meter-Weltmeister Jarryd Wallace aus den USA. Jetzt in Jena passte fast alles: Es war sommerlich warm und ein leichter Rückenwind (0,9 Meter/Sekunde) unterstützte die Athleten. „Solche Verhältnisse lieben wir Sprinter“, sagte Felix. Als er wenig später durch die Lichtschranke auf Höhe der Ziellinie gerast war, zeigte die elektronische Tafel 10,83 Sekunden. Das war nicht nur eine persönliche Bestleistung (bisher 10,89 Sekunden), sondern auch ein Deutscher Rekord. „Der Lauf hat sich keineswegs perfekt angefühlt, aber damit bin ich natürlich echt zufrieden“, betonte Felix, „ich glaube, da ist für diese Saison noch viel Potenzial nach oben.“ Dass er damit gerade dem aktuellen Europarekord-Halter Jonnie Peacock den Kampf ansagt, ist ihm vermutlich weniger bewusst. Der Engländer hatte im Juli 2017 bei den Weltmeisterschaften mit 10,64 Sekunden gewonnen. Eine Ewigkeit liegt nicht mehr zwischen Peacock und Felix, die sich im Übrigen ganz gut verstehen.

Felix ahnte in seiner Freude über die starken 100 Meter nicht, dass die größere Überraschung erst kommen sollte. Zwei Stunden nach den 100 Metern ging er ohne ganz große Erwartungen über 200 Meter an den Start: „Wir haben im Training die Überdistanzen noch gar nicht richtig trainiert. Aber irgendwann musst du dich ja der Disziplin stellen, die hinten heraus richtig wehtut.“ Vorher fühlte sich Felix Streng müde, dann merkte er, dass der Rhythmus stimmte. „Ich bin gut aus dem Block und durch die Kurve gekommen. Dann habe ich die Geschwindigkeit mit auf die Zielgerade nehmen können“, berichtete er. Seine Akkus reichten, um bis zum Ende voll durchzuziehen. Dann ging der Blick auf die Anzeigetafel – die erstaunliche 21,67 Sekunden nannte (Rückenwind 0,8 Meter/Sekunde). Felix Streng hatte damit den von ihm selbst gehaltenen alten Europarekord aus dem Jahr 2016 von 21,93 Sekunden unterboten. Sein erster Kommentar: „Das gibt es nicht.“ Natürlich freute er sich trotzdem riesig.

Zusammen mit der ebenfalls erst zwei Wochen alten persönlichen Bestleistung im Weitsprung (7,46 Meter) ergibt sich für Felix im Frühjahr 2018 ein Puzzle, in dem bereits viele Teile an der richtigen Stelle liegen. Sicher wird es jetzt eine Phase der Regeneration geben – um dann wieder voll angreifen zu können. Den nächsten Wettkampf bestreitet er am 9. Juni beim Integrativen Sportfest seines Vereins TSV Bayer Leverkusen. Dort stehen alle die Disziplinen auf dem Programm, in denen er soeben Glanzleistungen abgeliefert hat: 100 Meter sowie 200 Meter und Weitsprung, die jedoch parallel beginnen.

Felix ist zuversichtlich: „Ich bin sicher, dass in dieser Saison noch jede Menge geht. Wir werden im Training weiter an den Feinheiten arbeiten.“ Alle Puzzleteile dürfen dann gerne in der Zeit vom 20. bis 26. August an den dafür vorgesehenen Platz fallen. Dann geht es schließlich bei den Europameisterschaften 2018 in Berlin um Medaillen. Wenn der Leichtathlet Fußballer wäre, würde einer vermutlich das Folgende über Felix sagen: „Er sprüht vor Spielfreude.“ Der Blick geht nach vorne – und Felix Streng ist bereit für neue Taten. Das mit der frustrierenden Saison 2017 hat sich erledigt.