11. September 2018 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Auf so etwas kannst du eigentlich nur in einer Bierlaune oder unter dem Einfluss von Drogen kommen. Dann, wenn du nicht genau bis zum Ende überlegst. Aber die Wirklichkeit ist eigentlich noch viel schlimmer: Es war gar kein Alkohol oder Ähnliches im Spiel. Irgendwann hat Manuel (Poniecki) am Ende einer dienstlichen Besprechung eine Fragegestellt. Manuel ist der Steuerberater, mit dem wir bei asporto viel zusammenarbeiten. Damals wollte er gerade sein Smartphone verstauen, als er es sich plötzlich anders überlegte: „Ich muss dir was zeigen.“ Es waren Bilder von verdreckten Menschen, die sich offensichtlich bei einem Extrem-Wettkampf sportlichen Strapazen unterzogen – und dabei auch noch Spaß hatten. „Machst du mit?“, fragt Manuel. Er lockt mich: Sein Geschäftspartner, der Steuerfachwirt Simon Brüning-Welsing ist dabei. Und zwei Physiotherapeuten aus Düsseldorf: Frank Hörstmann und Mathias Eckl. Sind alles tolle Typen. Und Manuel hat ein starkes Argument: Wir arbeiten alle viel. Und sind deshalb nicht mehr so fit wie früher: „Lasst uns was tun. Dann haben wir ein festes Ziel, auf das wir uns vorbereiten müssen.“
Ich lasse mich überreden, mich zu Hause mal über das zu informieren, was so harmlos unter dem Titel „Xletix“ daherkommt. Ich fahre meinen Rechner hoch – der wohl mit einem Virus infiziert sein muss. Ich sehe mir die Bilder an. Ein Teil von mir schüttelt sich: „Über diese Hindernisse? Nein, nein, nein.“ Ein anderer Teil kommt davon nicht los. Ich informiere mich weiter, bis ich eine gar nicht so erstaunliche Erkenntnis gesammelt habe: Natürlich sind da viele austrainierte Top-Athleten dabei, doch viele andere sind einfach Menschen wie du und ich. Alter? Beruf? Mann? Frau? Unwichtig. Sie alle eint die Leidenschaft, sich an etwas Außergewöhnlichem zu versuchen. Am anderen Tag greife ich zum Telefon und rufe Manuel an: „Ich bin dabei.“ Als es losgeht, sind wir ein Fünfer-Team: Manuel, der „Vater“ des Unternehmens, Simon, Frank, Mathias, und Robert Deutzmann, der Rechtsanwalt.
Fünf Monate trainiert jeder individuell, um etwas für seine Form zu tun. Dabei sind wir uns von Anfang an einig: Wir ziehen das durch – als Team. Jeder ist für den anderen da, der Langsamste ist der Wichtigste. Wir lassen keinen zurück, damit der Schnellste glänzen kann. Frank bestellt T-Shirts, die am Anfang tatsächlich weiß sind, und wir geben uns einen Namen: „L-Town Tropics“. Weil ein Ja eben ein Ja ist, gibt es ab jetzt kein Zurück mehr. Hilfe!! Wir wollen in einem Steinbruch in Wuppertal die Mitteldistanz in Angriff nehmen. Ist es ein Segen oder ein Fluch moderner Technik, dass wir uns die Hindernisse in Videos und Bildern ganz genau ansehen können? Beim Blick auf manche Stellen des Kurses macht sich ein seltsames Gefühl in der Magengegend breit.
An einem Samstag-Vormittag treffen wir uns, um nach Wuppertal zu fahren. Gemeinsam sind wir alle heiß auf das, was da kommen wird. Was uns dann überrascht: Es ist unheimlich viel los im Steinbruch Osterholz, dessen Anblick Respekt einflößt. Es sieht nach Abenteuer aus. Und nach richtig viel Arbeit. Tausende weitere Menschen wollen ebenfalls ihre Grenzen testen. Wir werden ein paar Schrecksekunden erleben und unheimlich viele schöne Momente.
Es geht los. Die schönen weißen Shirts leuchten bald in einem wunderbaren schmutzig-braun. Die ersten Hindernisse haben sie wohl zum Warmmachen aufgebaut. Du musst einfach bereit sein, dich richtig einzusauen. Dann taucht plötzlich diese Wand vor uns auf. „Wonder Wall“ heißt das Teil. Ist schlappe drei Meter hoch. Wir können ein bisschen zusehen, wie sich andere anstellen, weil wir kurz warten müssen – aber nicht lange genug, um ins Grübeln zu kommen. Dann legen wir los. Manuel schafft es als Erster. Dann hilft er dem nächsten, die zusammen dem nächsten und den beiden anderen helfen. Und wir sind oben. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Und doch nur der Anfang.
Es gibt Teile, die fühlen sich wie die reine Erholung an: Crew Carry zum Beispiel. Wir setzen unseren Leichtesten auf die an den Seiten mit Griffen versehene Platte und tragen ihn bis zum Zielpunkt. Anderes geht durch richtig viel Schlamm (Muddy Maniac, Rotten River) oder Eis (Freak Froster). Beim Team Tower müssen wir Reifen über hohe Metallstangen legen. Ehrlich: Wir haben Glück, dass wir den einen oder anderen Langen dabei haben. Das hilft. Sehr hübsch: Sporty Spider. Das Spinnennetz aus Seilstücken ist etwa vier Meter hoch. Du kannst in kleine Quadrate treten. Allerdings bieten dir die Dinger keinen Widerstand. Eine Mischung aus Beweglichkeit, Mut und tänzerischer Begabung bringt uns nach oben. Du blickst dann kurz um dich und denkst: Hoffentlich kommst du da heil runter. Am Ende sind wir tatsächlich vollzählig und können weitermachen.
Was die größte Herausforderung war und uns auf der anderen Seite beeindruckende Erlebnisse beschert hat: Slippery Slope. Wörtlich übersetzt: Rutschige Steigung. Die Bezeichnung trifft es voll. Es ist eine schräge Wand – mit 45 Grad Steigung und noch mehr Matsch. Du bekommst allein vom Hinsehen eine Gänsehaut. Dass wir es schaffen, haben wir unserem Teamgeist zu verdanken und einem unbekannten Helfer aus einer anderen Mannschaft. Der Kollege weiß genau, wie es geht. Er versorgt uns nicht nur mit seinen Tipps, sondern er packt sogar mit an. Danke!!!!! Ohne dich hätten wir das Hindernis nicht überwunden. Es sind Minuten wie jene, in denen du vor Stolz und Freude laut schreien könntest – vor Stolz über die eigene Leistung und vor Freude darüber, dass es neben Anwaltsdasein, Steuerberatung und Physiotherapie einfach den Sport gibt. Und zwar so, wie er sein sollte.
Nach ungefähr dreieinhalb Stunden erreichen wir das Ziel. Wir haben nicht mehr viel Kraft, feiern aber zusammen mit anderen – und werden gefeiert. Duschen? Fünf schmutzige Gestalten sehen sich kurz an und beschließen: Zu kalt und zu voll. Holen wir zu Hause nach. Die Shirts, Hosen, Strümpfe und Schuhe sehen allerdings nicht so aus, dass du dich damit in ein Auto setzen magst. Also reinigt sich jeder rasch in der Sparversion und packt alle Kleidung in den vorsichtshalber mitgebrachten Müllsack. Jeder hat einen frischen Pulli und eine alte Hose dabei. Zu Hause freut sich bestimmt schon die Waschmaschine (die übrigens ganze Arbeit leistet).
Auf der Rückfahrt freuen wir uns auf die gemeinsame Feier, die wir lange vorher verabredet haben. Huddle nennen sie das im Football, wenn das Team zu einer Besprechung zusammenkommt. Wir essen, wir trinken, wir lachen, wir schütteln den Kopf: Wir haben es getan! Kratzer, die zahllosen blauen Flecken, ein paar Schreckmomente oder Zweifel – lächerlich! Es war irre anstrengend, es hat auch unheimlich viel Spaß gemacht. Das geht nur, wenn die richtigen Typen in einem Team stehen und zueinander passen. Wir hätten es nicht besser treffen können! Es war einmalig, es war großartig. Danke, dass wir mitgemacht haben.